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    Veröffentlicht am, 27.08.2022

    Schulterendoprothetik

    Dr. Wolfgang Vogt, spezialisiert auf Schulterendoprothetik vom Orthopädischen Fachzentrum
    Weilheim – Garmisch – Starnberg – Penzberg steht Rede und Antwort

    Ein Interview

    Knie- bzw. Hüftgelenkprothesen sind die beiden Gelenke, die in Deutschland am häufigsten durch ein künstliches Gelenk
    ersetzt werden. Aber auch die endoprothetische Versorgung des Schultergelenkes hat in den vergangenen Jahren
    deutlich zugenommen, da die heutigen modernen Implantate, das bessere Verständnis für das Gelenk, die verbesserten
    Möglichkeiten der operativen Planung sowie eine optimierte OP-Technik immer bessere Ergebnisse liefern. Die Schulterfunktion
    und die damit verbundene Lebensqualität vieler Patienten kann, wenn die OP zum richtigen Zeitpunkt spezialisiert
    durchgeführt wird, wieder annähernd hergestellt werden. So werden heute in Deutschland im Schnitt rund 25.000
    künstliche Schultergelenke pro Jahr eingesetzt.

    Während für Operationen am Knie und an der Hüfte die präoperative Planung gesetzlich vorgeschrieben ist, gibt es in
    der Schulterendoprothetik bislang noch keine Planungspflicht. Nichtsdestotrotz ist die zweidimensionale digitale präoperative
    Planung in der Schulterendoprothetik heute in Deutschland und in Europa bereits weit verbreitet und etabliert
    und gehört fast zum Standard.
    Herr Dr. med. Wolfgang Vogt, Facharzt der Orthopädie am Orthopädischen Fachzentrum (OFZ) und Leiter des dreiköpfigen
    Teams „Obere Extremität, Schulter und Ellenbogen“ spricht mit uns über Grundsätzliches in der Schulterendoprothetik,
    die Zukunft der digitalen Planung und warum das klassische Planen auf Schablonen nicht mehr zeitgemäß ist.

    Die Schulterendoprothetik hat sich in jüngster Zeit deutlich weiterentwickelt. Mit immer weiter ausgefeilten Prothesen-Modellen
    erzielt man immer bessere Resultate. Einer jährlichen Rate von etwa 200.000 Hüft-Endoprothesen und 170.000 künstlichen
    Kniegelenken stehen pro Jahr 25.000 Schulterprothesen-Operationen gegenüber, doch die Tendenz ist deutlich ansteigend.*

    *Quelle: www.bvmed.de/de/technologien/bewegungsapparat/schulterprothese-nicht-zu-lange-warten

    mediCAD Hectec GmbH:
    Herr Dr. Vogt, obwohl es keine gesetzliche Grundlage zur Planungspflicht gibt, ist die zweidimensionale digitale
    Planung von orthopädischen Operationen in der Schulterendoprothetik in Deutschland und auch in Europa
    heute bereits weit verbreitet und etabliert und wird häufig eingesetzt. Die digitale Planung in der Hüft- und Knie-
    Endoprothetik ist dagegen längst gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben. Warum ist diese Vorgabe bei der Planung
    von Schulterendoprothesen-OPs noch nicht etabliert?


    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Das ist mir vollkommen unerklärlich, weil die Maßstabsverzerrungen
    im Schulterbereich bei Röntgenbildern
    auf Folien immens sind. Aufgrund der Aufnahmen
    im Stehen, den unterschiedlichen Körperhaltungen bei
    den Röntgenaufnahmen, den damit erheblichen Größenabweichungen
    durch den Abstand zur Röntgenfolie
    sowie dadurch fehlender genauer Darstellung der
    betroffenen Knochen in den erforderlichen Standardebenen,
    ist eine präzise Größen- und Winkelbemaßung
    praktisch nicht möglich. Außerdem leben wir heute in
    einer immer weiter zunehmenden digitalen Welt, Planungen
    mit normalen eindimensionalen Röntgenbildern
    sind nicht mehr zeitgemäß!

    Je präziser die Planung, desto weniger Zeit im OP

    mediCAD Hectec GmbH:
    Warum planen Sie digital, obwohl Sie nicht müssen?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Ich plane seit über 10 Jahren, genauer gesagt seit 2007, alle meine Schulterendoprothesen-Operationen digital, um reproduzierbar
    exakte Planungen intraoperativ zur Verfügung zu haben, auf die ich mich verlassen kann und bei denen die
    geplanten Größen dann auch den tatsächlichen Bedingungen entsprechen. Das gibt eine für mich grundlegende Sicherheit
    beim Operieren und hilft mir in der Schulterendoprothetik häufig gemachte Fehler, wie zum Beispiel Overstuffing
    durch zu große Implantatwahl, zu vermeiden.


    Die Humeruskopfresektion mit der erforderlichen Osteophytenresektion sowie
    die Positionierung der Glenoidkomponente fällt mir wesentlich leichter und
    kann bei besserer Kenntnis der Größenverhältnisse exakter durchgeführt werden.
    Das hilft am Ende dem Patienten, weil das Ergebnis bezüglich Beweglichkeit
    des Schultergelenkersatzes und Überlebenszeit der Prothese besser wird.
    Zusätzlich beobachte ich eine Reduktion der OP Zeit, je präziser die Planung,
    desto weniger Zeit verbringt der Patient im OP.

    Früher hatte ich zunächst eher die Prothesenausrichtung geplant, mit den immer weiter verbesserten Planungssoftware-
    Paketen und der Verfügbarkeit der digitalen Prothesenschablonen auch im Schulterbereich sind auch die Implantatgrößen
    nun exakt planbar. Das reduziert den Aufwand mit verschiedenen Trials die Prothesengrößen zeitauwendig
    intraoperativ zu bestimmen, spart Zeit und ist demnach hoch effektiv und effizient.

     

    mediCAD Hectec GmbH:
    Wie würden Sie versuchen einen Kollegen, der bisher noch traditionell plant, vom Einsatz einer digitalen Planungssoftware
    zu überzeugen?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Ich würde mit ihm gemeinsam eine digitale animierte 3D-Schulterendoprothesenplanung mit Bestimmen der impingementfreien
    Beweglichkeit durch ROM-Analyse durchführen und ihn dann im Anschluss mit in den OP nehmen, um
    ihm die Vereinfachung des OP-Ablaufes durch bessere Kenntnis der anatomischen Verhältnisse zeigen zu können. Die
    Möglichkeit des Überspringens sonst erforderlicher OP-Schritte (z.B. Größenbestimmung der Implantate) führt trotzdem
    zu eine präziseren OP bei kürzerer OP-Zeit. Die Verringerung der OP-Zeit kommt wiederum dem Patienten zu Gute,
    z.B. durch weniger Blutverlust, weniger Infektionsgefahr oder eine geringere Narkosezeit. Gleichzeitig arbeitet auch der
    Operateur wirtschaftlicher. Selbstverständlich kommt für den Operateur die Planungszeit vor der OP dazu, aber hier ist er
    allein, ohne das gesamte OP-Team (vom Springer bis zum Anästhesisten), das sonst in den OP Ablauf mit eingebunden
    ist.

    mediCAD Hectec GmbH:
    Welche Voraussetzungen sind Ihrer Meinung nach nötig, dass die digitale Planung auch in der Schulterendoprothetik
    verpflichtend gesetzlich verankert wird?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Schwierige Frage, der Gesetzgeber und die Krankernkassen sehen viele Dinge divergent zu den Betroffenen. Zum einen
    werden verpflichtende Vorgaben gemacht, die zu erfüllen sind, zum anderen wird der erhöhte Aufwand dafür aber nicht
    im Rahmen des DRG- oder KV-Systems abgebildet und erstattet. Ein digitales Planungssystem kostet Geld, das eine Klinik
    oder eine Praxis investieren müsste, um die Planung zu ermöglichen. Dieses Geld kommt aber aus einem „anderern
    Topf“, nämlich aus dem EDV-Budget. Und um dieses Geld zu investieren, muss woanders eingespart werden. Meines
    Erachtens muss dieses „Töpfe-Denken“ aufhören und das Endergebnis beim Patienten gesehen werden. Durch höhere
    Qualität erhält man automatisch eine höhere Kundenzufriedenheit, was dann wiederum eine höhere Wirtschaftlichkeit
    mit sich zieht. Insbesondere wenn man die Kosten mit kalkuliert, die entstehen, wenn durch eine weniger präzise Operation
    mit eventuell fehlpositionierter Prothese eine verlängerte Nachbehandlung, Arbeitsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit
    oder sogar gegebenenfalls eine Revisionsoperation nach sich zieht.

    Bessere Ergebnisse trotz Verkürzung der OP-Zeit

    mediCAD Hectec GmbH:
    Wie unterscheidet sich die digitale Planung von der Planung mit Schablonen und welche Vorteile ergeben sich daraus?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Wie bereits erwähnt, wird unser Umfeld immer digitaler, auch in der Medizin. Kopien und Folien sind heute nicht mehr
    zeitgemäß!
    Ein moderner Orthopäde hat keine Röntgenbilder mehr auf Folien. Ich erkläre dem Patienten seine Arthroseveränderungen
    im digitalen Röntgenbild. Bei erheblichen knöchernen Defekten messe ich diese direkt im digitalen Bild über
    die DICOM-Kalibrierung mit dem Zeichen-Messprogramm und erkläre dem Patienten im Röntgen- bzw. besser in der
    Schnittbilddiagnostik MRT oder CT diese verschleißbedingten Veränderungen, inklusive der entsprechenden Konsequenzen.
    Bei einem, mit dem PACS verbundenen Planungssystem kann dann auch gleich noch das Implantat gezeigt
    werden und gegebenenfalls erklärt werden, dass zum Beispiel ein Knochenaufbau an der Gelenkpfanne erforderlich sein
    wird, um eine korrekte Gelenkrekonstruktion zu erreichen. Das gibt den Patient Vertrauen, weil dieser sieht, dass man
    sich mit seiner Pathologie auseinandersetzt, die Operation intensiv plant, sich darauf vorbereitet.
    Meine Patienten bekommen von mir schon bereits seit ungefähr drei Jahren eine individuelle Planung vorgelegt und
    unmittelbar nach der Operation mehrere, der Planung entsprechende, post-operative Röntgendurchleuchtungsbilder,
    auf denen sie sehen können, dass die erfolgte Operation mit der erreichten Prothesenposition der Planung entspricht,
    vor allem hinsichtlich Positionierung und bei 95% der Fälle auch hinsichtlich der Implantatgröße. Das gibt den Patienten
    eine ernorme Sicherheit. Schließlich will jeder Patient bei der Visite nach der OP wissen „wie es gelaufen ist“. Wenn man
    dann als Operateur sagen kann „alles nach Plan komplikationslos verlaufen, am Ende der Operation habe ich Ihr Gelenk
    in allen wichtigen Stellungen getestet, es ist stabil und bewegt sich harmonisch“, und dies auch noch durch Bilder und
    Dokumente belegen kann, gibt das den Patienten Vertrauen und Zufriedenheit.

    Ein weiterer wesentlicher Punkt für die präoperative digitale Planung ist auch die sukzessive Verkürzung der OP-Zeit des
    Operateurs, denn diese ist ein relevanter Teil der Operation und in die kalkulierte OP-Zeit mit einzurechnen.
    Eine digitale Planung hat, wie jeder Teilschritt einer Operation, eine Lernkurve und mit mehr Erfahrung geht dies entsprechend
    schneller. Ich brauche bspw. zwischen 5 und 10 Minuten für eine normale Schulterplanung. Für eine 3D-Planung
    mit einer 3D-Gelenkrekonstruktion inklusive animierter 3D-ROM-Analyse und Betrachtung des Gelenkes aus verschiedenen
    Blickwinkeln, so wie es aktuell mit der Software mediCAD® Shoulder 3D ermöglicht wird, brauche ich derzeit noch
    ca. 30 Minuten.

    Gerade das 3D-reponierte Gelenk, insbesondere bei der inversen Schulter TEP, mit sichtbarer implantierter Prothese
    und Betrachtungsmöglichkeit aus jedem Blickwinkel im Raum, ist für mich derzeit noch etwas spannendes Neues mit
    vielen noch möglichen Variablen. Derzeit versuche ich diese spielerisch herauszufinden, um die bisher bekannte optimale
    Prothesenposition zu finden, anhand neuer Möglichkeiten zu überprüfen und zu validieren, idealerweise unter Berücksichtigung
    von Weichteil-Spannungsverhältnissen durch Längenveränderungen. Anfangs habe ich für die gleichen
    Planungsschritte noch eine Stunde benötigt, jetzt wie bereits erwähnt, sind es 30 Minuten, d.h. die Lernkurve zeigt, dass
    auch hier mit zunehmender Erfahrung die reine Planungszeit verkürzt wird, bei noch besserem Ergebnis.

    Planung auch für „einfache“ Fälle

    mediCAD Hectec GmbH:
    Nutzen Sie die Software bei jeder anstehenden Operation oder nur bei besonders schwierigen und komplizierten Fällen?
    Wie planen Sie bei „Standards“?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Ich finde es das normalste der Welt vor einer OP eine Planung zu machen. Denn jeder Bauherr bekommt ja auch von
    seinem Architekten, bevor er den Hausbau beginnt, einen Plan. Zunächst den Eingabeplan, später den präziseren Werkplan.
    Wer würde heute noch ein Haus bauen ohne Planung? Die meisten modernen Architekten simulieren sogar eine
    3D-Raumplanung mit virtuellem Hausrundgang, um ein Raumgefühl zu bekommen. Ähnlich ist es bei uns auch. Dabei
    ist es egal, ob es sich um einen besonders „komplexen Fall“ handelt oder eher um einen Routineeingriff. Meiner Ansicht
    nach, sind sogar die „einfachen“ Fälle die schwierigsten. Die Patienten haben noch weniger Einschränkungen und weniger
    Schmerzen als die fortgeschrittenen Arthrosen mit erheblichen Knochen- und Weichteil-Defekten. Diese Art von
    Pathologien durch eine OP zu verbessern und langfristig zufrieden zu stellen ist daher schwieriger und braucht maximale
    Präzision. Daher verstehe ich nicht, dass viele meiner Kollegen „nur die Planung für die komplexen Fälle“ fordern oder
    machen. Ich denke, jeder Fall sollte geplant werden, das bringt bei den vermeintlich einfachen Fällen auch Routine und
    Sicherheit für die dann schwierigeren Fälle. Wenn ich im Alltag etwas Neues ausprobiere, fange ich auch nicht mit den
    schwierigen Sachen an!

    Die Vorteile einer 3D-Planung

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Ich versuche bei jeder anstehenden OP mindestens eine digitale 2D-Planung, idealer Weise sogar eine 3D-Planung zu
    machen. 3D-Planungen basieren aber auf CT-Bildern, und leider habe ich nicht immer ein geeignetes CT in der entsprechenden
    Dünnschicht-Auflösung und Abmessung (ganzes Schulterblatt und Epicondylen ) zur Verfügung, denn viele Patienten
    haben nur ein MRT dabei, bei dem meist nicht die eigentlich erforderlichen Endpunkte der betroffenen Knochen
    abbgebildet sind und gehen davon aus, dass dies ausreichend sei. Eine digitale 2D-Planung ist aber auch anhand eines
    MRT in Annäherung möglich, allerdings mit deutlich eingeschränkter Aussage gegenüber der 3D Planung mit reproduzierbaren
    Referenzebenen in den Schulterblattebenen und Humerusachsen.
    Deswegen bin ich gerade dabei mit unseren ortsansässigen Radiologen ein mediCAD® CT-Protokoll zu erarbeiten und
    dabei die Vorteile der 3D-Planung mit Bestimmen auch der Humerus-Retrotorsion durch Erfassen der Epicondylenachse
    zu erklären. Problem dabei ist allerdings, wie so oft, die Vergütung. Das erforderliche CT ist für den Radiologen mit
    Mehraufwand verbunden, der nicht erstattet wird, insofern ist die Durchführung des aufwändigeren CTs eine „Goodwill“-
    Leistung des Radiologen, auf die wir momentan noch angewiesen sind.
    Ich hatte ja hier bereits vorher das „Töpfedenken“ angesprochen. Die Praxis oder die Klinik haben Mehrkosten im Hinblick
    auf die Investition in Planungssoftware (EDV-Budget). Durch diese Investion könnten gegebenenfalls anderweitig
    Kosten eingespart werden (OP-Kosten-Topf). Der Radiologe aber profitiert natürlich nicht von einer kürzeren OP-Zeit.

    Den Patienten allerdings dürfen weder von der Klinik noch vom Operateur zusätzliche Kosten verrechnet werden. Per
    Gesetz sind alle Kosten der Prothesen-OP im DRG-System abgebildet und zwar mit einer Pauschale. Präoperative Planungskosten
    für die OP gibt es aber in der Kalkulation nicht als Posten. Auch private Versicherungen weigern sich häufig
    diese komplett veraltete Leistungsziffer GoÄ 3321 (3D-Schulter-TEP Planung analog, Wert bei 3,5 facher Steigerung
    20,38- Euro, für ca. 30 Minuten Planungszeit eines spezialisierten routinierten Operateurs) für das Erstellen eines Konstruktionsplanes
    für ein großes orthopädisches Hilfsmittel anzuerkennen. Der Patient erwartet aber von seinem Operateur
    eine optimale Diagnose, Aufklärung und Darstellung seines Ist-Zustandes sowie eine Planung der bevorstehenden
    OP. Eine optimale präoperative Planung entsprechend dem Stand der Technik, ist aus meiner Sicht jedoch ein Qualitätskriterium
    und sollte dringendst gesetzlich geregelt werden.

    mediCAD Hectec GmbH:
    Sie nutzen für Ihre Arbeit bereits das das Softwaremodul mediCAD® Shoulder 3D der mediCAD Hectec GmbH. Die Software
    ist brandneu und gerade erst auf den Markt gebracht worden. Seit wann haben Sie das neue Modul im Einsatz?
    Und warum haben Sie sich für den Einsatz einer animierten drei-dimensionale Planungssoftware mit ROM-Bewegungsanalyse
    entschieden? Hätte 2D nicht auch gereicht? Und warum mediCAD®?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Ich habe mediCAD® Shoulder 3D nun seit März 2019 im Einsatz. 2D plane ich digital seit über 10 Jahren, das war damals
    innovativ.
    Das Schultergelenk besteht wie jedes Gelenk am Körper aus zwei sich gegeneinander bewegenden Gelenkpartnern, die
    über Weichteile miteinander verbunden sind und nur bestimmte Größen und Positionen des Gelenkersatzes gewährleisten,
    auch nach der OP, die regelrechte, für den Patient zufriedenstellende, langfristige Funktion. Wenn es heute mit der
    mediCAD® animierten 3D-Gelenkplanung mit ROM-Analyse präoperativ Möglichkeiten gibt diese optimalen Prothesengrößen
    und deren Ausrichtung zu simulieren, inklusive der aus knöchernen und implantattechnischen Gesichtspunkten
    möglichen technischen Bewegungsfreiheit, gibt es für mich nichts Naheliegenderes als dies ohne OP-Risiko in Ruhe
    vorab zu simulieren und auszutesten. Dann kann ich entspannt und mit klarem Konzept sowie gutem Gewissen dem
    Patienten gegenüber in die Operation gehen.

    Reduzierte Revisionshäufigkeit durch präzisere Planung

    mediCAD Hectec GmbH:
    Endoprothetik steht auch immer im Zusammenhang mit Revisionen. Welchen Vorteil sehen Sie im Einsatz von digitaler
    Planungssoftware im Hinblick auf Revisionen?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Schulterprothesen-Versager und erforderliche Revisionsoperationen können meiner Erfahrung nach prinzipiell in zwei
    Kategorien eingeteilt werden: Zum einen in sogenannte „Frühversager“, die bis ca. zwei Jahre nach der primären OP
    auftreten, wie beispielsweise sekundäre RM Rupturen bei Overstuffing, Instabilität, Steifigkeit, persistierender Schmerz,
    eingeschränkte ROM und Belastungsfähigkeit, deren Ursache überwiegend an einer fehlerhaften Primärimplantation
    (Größenwahl und Orientierung der Glenoid- wie auch Humerus-Komponenten) liegt. Und die zweite Kategorie sind die
    „Spätversager“, die sich nach ca. 10-20 Jahren nach der Primär-OP aufgrund von weiterem Gelenkverschleiß, PE Krankheiten
    oder Traumafällen, wie periprothetische Frakturen, einer Revisionsbehandlung unterziehen müssen.
    Für mich führt eine präzisere OP-Planung, insbesondere mit der noch bildlich plastischeren animierten ROM-3D-Planung
    im Schulterbereich zu einer präziseren Primärimplantation mit deutlich besseren Durchschnittsergebnissen und
    vermutlich reduzierter Revisionshäufigkeit.
    Allerdings werden Revisionen im Hinblick auf die erwähnten „Frühversager“ bei fehlimplantierten Schulterprothesen
    wegen der Komplexität der Revisions-OP mit häufig unklarem Ausgang, trotz digitaler Planung auch in Zukunft zu nur
    bedingt besseren Ergebnissen führen. Revisionsoperationen sind schwieriger als Erst-Operationen und werden oft vermieden.
    Von Operateurseite, eben aufgrund der Komplexität und ungewissem Ausgang und auch von Patientenseite,
    aufgrund einer erneuten langen Schmerzphase, neuer OP und Rehabilitation. Für Revisionen nach 10-20 Jahren ist eine
    detaillierte präoperative Planung jedoch ungemein hilfreich und sehr empfehlenswert.

    Die mediCAD® Implantatdatenbank

    mediCAD® ist meiner Meinung nach die modernste, am Markt erhältliche Planungssoftware. Nur wenige andere Hersteller
    (z.B. Materialise, Medacta, Blue Print, usw.) bieten die Humerus- und damit die Gelenkplanung kombiniert ebenfalls
    an. mediCAD® macht dies individuell nach Bewegungsvorgabe des Operateurs, manche andere zwar mit standardisierten
    Bewegungsmustern zur Funktionsanalyse, aber ohne ROM Bewegungsanalyse. Hinzukommt, dass mediCAD®
    im Vergleich zu den Mitbewerbern unabhängig vom Prothesenhersteller ist. Dies ermöglicht daher eine vergleichende
    Prothesenplanung zwischen verschiedenen Produkten und Implantatherstellern. Und ohne Zweifel kann man sagen,
    dass man bei mediCAD® auf eine der größten, umfangreichsten und gepflegtesten Implantatdatenbanken zurückgreifen
    kann, kontinuierlich wachsend und regelmäßig aktualisiert. Alle Implantathersteller haben die Möglichkeit Ihre
    Implantatdaten zu liefern, so dass diese eingepflegt werden können.

    Die automatische Knochensegmentierung

    Weiterer Vorteil von von mediCAD® Shoulder 3D ist, dass der Operateur mit der Software selbst (und nicht irgendein
    Ingenieur des Implantatherstellers) die Segmentierung des CT-Datensatzes durchführen kann, entsprechend seiner medizinischen
    Erfahrung und Interpretation der CT Bilder. Außerdem sind das Erstellen eines 3D-Modells und die Möglichkeit
    der anschließende Planung von Glenoid und Humerus einzeln hintereinander möglich. Auch die vollständige
    Gelenkplanung nach der Reposition des Gelenkes mit implantierten Komponenten sind Funktionen, die ich als Arzt nicht
    missen möchte. Und natürlich die 3D-ROM-Analyse des reponierten Gelenkes bei innenliegender Prothese.

    Erwünschte Funktionen für die Zukunft

    mediCAD Hectec GmbH:
    Gibt es Funktionen, die Sie in der Software noch vermissen, die Ihrer Meinung nach aber zwingend für eine optimale
    Planung notwendig sind?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Derzeitiger Nachteil von mediCAD® Shoulder 3D ist, dass es noch keine PSI-Schablonen gibt, die als Resultat der Planung
    intraoperativ helfen können die präzise präoperative Planung auch umzusetzen. Verschiedenen Studien zeigen,
    dass die Verwendung einer Gelenk-Planungssoftware und des daraus resultierenden patientenspezifischen Guides/Instrumentes
    die Implantationsgenauigkeit erhöhen kann, und zwar mit einer Abweichung von < 5° und < 2 mm. Eigene
    Erfahrungen mit CT Post-OP-Positionskontrollen zeigen, dass die Abweichung von der Planung durch alleinige Planung
    ohne Verwendung eines Guides ca. doppelt so groß ist, als bei Planung und Verwendung eines PSI Guides. Allerdings
    weiß ich, dass die mediCAD Hectec GmbH bereits an einer Lösung arbeitet und ich bin zuversichtlich, dass in naher Zukunft
    die PSI-Funktion auch in mediCAD® erhältlich sein wird.
    Ein weiteres wünschenswertes Tool für mich als Anwender wäre auch eine standardisierte ROM-Analyse-Bewegung des
    Glenohumeralgelenkes, abgeleitet aus den typischen Bewegungen des täglichen Lebens (Schürzengriff, Nackengriff,
    Griff zur Gegenschulter), die einzeln hintereinander aus der Neutral-Null-Stellung abzurufen sein sollten, um den erforderlichen
    Bewegungsumfang des Glenohumeralgelenkes zu bestimmen und um Konfliktbereiche zu erkennen (Notching
    subacromiales impingement), abgekoppelt von der „parasitären“ Bewegung im scapulo-thorakal Gelenk, die ebenfalls
    zur Schulterfunktion beiträgt.

    mediCAD Hectec GmbH:
    Sie arbeiten derzeit auch an einem Buchartikel für Schulterorthopäden, der sich mit der digitalen präoperativen Planung
    für die Schulter beschäftigt und auch heraushebt, warum eine zwei-dimensionale Planung in der Schultergelenk-Orthopädie
    nicht ausreichend ist. Können Sie kurz zusammenfassend erläutern, was Sie zu dieser Erkenntnis bringt? Warum ist
    Ihrer Meinung eine 3D-Planung bei der Schulter zwingend notwendig?

    Dr. med. Wolfgang Vogt:
    Die korrekte Implantatpositionierung hat einen signifikanten Einfluss auf das postoperative funktionelle Ergebnis, von
    der Instabilität, dem Abrieb und sekundärer Weichteilprobleme mit Rotatorenmanschettenläsionen bis hin zum Prothesenversagen
    mit Prothesenlockerung. Aus diesem Grund ist eine präoperative Prothesenplanung essenziell. Die reine
    zwei-dimensionale Planung am konventionellen Röntgenbild ist an der Schulter nicht ausreichend. Zur exakten Positionierung
    bietet die drei-dimensionale Planung anhand von CT-Daten, mit standartisierten Referenzebenen als Ausgangsposition
    für eine reproduzierbare Planung, eine gute Möglichkeit, die bis hin zur präoperativen dynamischen Simulation
    für die im täglichen Leben relevanten und erforderlichen Bewegungen geht. Der Schwachpunkt dieser knöchernen Planung
    liegt noch in der Nichtberücksichtigung der Weichteile (Deltaspannung, Kontraktionen), welche intraoperativ vom
    Operateur bewertet werden müssen, mit einer gegebenenfalls Anpassung der Hardware-Planung an die Weichteilsituation.
    Dies braucht aber einen erfahrenen Operateur. Um diese präoperative Hardware-Planung umzusetzen liegen bereits
    von einigen Prothesenfirmen patientenspezifische Instrumente überwiegend glenoidseitig, aber doch auch schon
    teilweise humerusseitig, vor. Ich bin überzeugt, dass in der Zukunft auch die klinischen und bildgebenden Studien, die
    zweifelsfrei erforderlich sind um diese modernen Planungsmethoden und die daraus resultierenden OP-Techniken zu
    prüfen, den wirtschaftlichen Gesamtnutzen und insbesondere die Vorteile für den Patienten zeigen können.

    mediCAD Hectec GmbH:
    Herr Dr. Vogt, herzlichen Dank für Ihre Unterstützung.

     

    Dr. med. Wolfgang Vogt Facharzt für Orthopädie am OFZ in Garmisch, Team „Obere Extremität, Schulter und Ellenbogen“

    Im OFZ Weilheim – Garmisch – Starnberg – Penzberg werden pro Jahr ca.
    750 Schulteroperationen, davon ca. 100 Prothesenoperationen durchgeführt.
    Das orthopädische Fachzentrum ist eine überregionale orthopädische
    Gemeinschaftspraxis mit vier Praxisstandorten, fünf kooperierenden
    Kliniken und eigenem ambulanten OP-Zentrum sowie insgesamt
    13 Fachärzten für Orthopädie, Orthopädie- und Unfallchirurgie und Chirurgie.
    Das OFZ Team „Obere Extremität, Schulter und Ellenbogen“ besteht
    aus drei, auf diese Teilgebiete spezialisierte Kollegen:
    Dr. Wolfgang Vogt, Dr. Johann Wasmaier und PD Dr. Stefan Buchmann.

    mediCAD Hectec GmbH
    Seit 1994 beschäftigt sich die mediCAD Hectec GmbH mit Softwarelösungen, für den orthopädischen Chirurgen. Ziel
    ist es, in allen Belangen, digital, eine effiziente und sichere Planung, von Gelenkoperationen zu ermöglichen, in Kliniken
    ebenso wie in Praxen.
    Als erstes Unternehmen, weltweit, stellte die mediCAD Hectec GmbH, bereits im Jahr 1999 ein Softwareprogramm zur
    Verfügung, das ermöglicht, mit wenigen Eingaben/ Klicks, die vollständige präoperative Planung eines Gelenkersatzes,
    in einer digitalen Umgebung, professionell zu erstellen. Mit der Lösung mediCAD®, setzt das Unternehmen einen innovativen
    Meilenstein in der Unterstützung der chirurgischen Orthopädie, weltweit. Durch automatische Archivierung aller
    benötigten Informationen und einer durchgängigen Nachvollziehbarkeit von Befunden, der Operationsvorbereitung
    und Nachsorge, bietet mediCAD® die ideale Möglichkeit zur optimal vorbereiteten, professionell durchgeführten und
    revisionssicher dokumentierten Operation, mit entsprechend festgehaltener Nachsorge.
    Durch enge Kooperation mit den führenden Unternehmen der Medizintechnik und dem weltweit erfolgreichen Einsatz
    von mediCAD® in über 3.500 Kliniken, gehört die mediCAD Hectec GmbH mit rund 50 Mitarbeitern schon heute zu den
    „Global Players“ im Bereich medizinischer Softwarelösungen.